Die Brüder Livio (1911-1979), Pier Giacomo (1913-1968) und Achille (1918-2002) Castiglioni wurden in Mailand geboren und arbeiteten Seite an Seite als Industriedesigner und Architekten.
1938, kurz nachdem er sein Studium an der Polytechnischen Universität Mailand abgeschlossen hatte, gründete Pier Giacomo mit seinem Bruder Livio ein kleines Architekturbüro in Mailand. Sie arbeiteten zusammen mit dem Architekten Luigi Caccia Dominioni und entwarfen Inneneinrichtungen, Möbel und diverse andere Objekte, so wie das Caccia Besteck-Set (1938) und das Fimi-Phonola 547 Radio (1939). Achille schloss sich seinen Brüdern nach Abschluss seines Architekturstudiums 1944 an der Polytechnischen Universität von Mailand an. In den frühen Jahren machte das Castiglioni Studio den hauptsächlichen Umsatz durch Ausstellungsdesign und durch Restaurationsarbeiten an Gebäuden, die durch den Krieg beschädigt wurden, zum Beispiel das Palazzo Della Permanente 1952. Livio verließ das Studio 1952 um sich selbstständig zu machen. Eine seiner bekanntesten Arbeiten ist die Boalum Lamp für Artemide (1970/71), eine Lampe, aus von innen beleuchteten Kunststoffringen, die er zusammen mit Gianfranco Frattini (1926-2004) entwarf.
Achilles und Pier Giacomos Schaffen fällt zeitlich mit der Renaissance des italienischen Designs in den 1950er und 60er Jahren zusammen, so dass sie sich visuell ansprechenden, aber gleichermaßen technisch innovativen Entwürfen widmeten. Sie spielten zudem eine entscheidene Rolle bei der Gründung des Compasso d'Oro Preises, welcher seit Jahrzehnten als einer der prestigeträchtigsten Preises für Industriedesign gilt. Achille war darüber hinaus als Chef der Facoltà di Architettura am Polytechnikum, wo er eine ganze Generation italienischer Deisgner beeinflusste. Noch immer ist das Erbe der Castiglionis spürbar, denn sie gehören zu den meist geschätzten Designern des 20. Jahrhunderts, besonders bei eingefleischten Designanhängern. Ihr produktives Output umfasste unter anderem viele Zusammenarbeiten mit führenden italienischen Herstellern wie Flos in Bezug auf Beleuchtung, Zanotta für Möbelherstellung und Alessi für Haushaltsgegenstände. Weitere renommierte Partner waren B&B Italia, Bernini, Brionvega, Danese, Gavina, Kartell, Knoll, Moroso, Poggi und Siemens.
Sowohl Achille als auch Pier Giacomo hatten ein leidenschaftliches Interesse daran, mit neuen Materialien und Techniken zur industriellen Herstellung zu experimentieren. Ein erwähnenswertes Beispiel dazu wäre „cocoon skin“, ein Material, welches aus gesprühten polymeren Kunststofffasern besteht und sich zu einer flexiblen Membran verhärtet. Die Brüder entdeckten das Material zunächst in Verwendung durch das US Militär und erwarben nur wenig später das nötige Patent. Die Castiglionis nutzten das Harz in Verbindung mit einer Stahlstruktur, um ihre ikonischen kokonartigen Formen herzustellen, wie sie bei der Viscontea Lamp (1960), den Taraxacum Chandeliers (1960) und den Gato Table Lights (1960) für Flos zu erkennen sind.
Zusätzlich suchten die Brüder stets nach Inspiration im Alltäglichen und so arbeiteten sie seit jeher mit Fundstücken aus denen sie außergewöhnliche Designobjekte erschufen wie den Mezzadro Seat (1954-7) und den Sella Seat (1957), welche beide schließlich von Zanotta produziert wurden, außerdem die Arco Floor Lamp (1962) und die Toio Floor Lamp (1962), beide hergestellt von Flos.
Pier Giacomo verstarb bereits früh im Jahr 1968; Achille setzte seine Arbeit jedoch noch alleine bis zu seinem Tod 2002 fort. Heutzutage finden sich viele Entwürfe der Brüder in Museen und Galerien auf der ganzen Welt wieder. Dazu gehört das Vitra Design Museum in Deutschland ebenso wie das Victoria & Albert Museum in London oder das Museum of Modern Art in New York. Für ihre Errungenschaft und ihr Werk erhielten sie im Laufe ihrer Karriere zusammen insgesamt neun Compasso d'Oro Auszeichnungen.
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